Top

Alpenpässe der Tour de France – Hochzeitsreise im Sattel

Mit dem Rennrad über die Alpenpässe der Tour de France.

Hochzeitsreise auf zwei Rädern

Es kommt in jeder zwischenmenschliche Beziehung der Tag wo man als Paar den „nächsten Schritt“ gehen will und wenn es nicht gleich Kinder oder im schlimmsten Fall ein Hund sein sollen, kommt man schnell an dem Wort „Heirat“ nicht vorbei. Auch wir waren bei diesem Thema nicht anders und so läuteten im Juli 2024 die Hochzeitsglocken.

Doch eine Hochzeitfeier an sich ist ja nur ein kleiner Teil des ganzen Eheprojekts.

Beginnen wir mal mit dem Antrag. Wann, wo und vor allem wie stehen da für einen Mann im Vordergrund. Ich entschied mich dafür diese Frage aller Fragen im Rahmen eines Rennradurlaubs am Passo Gavia zu stellen. Alle Radfahrer unter euch fragen sich nun wahrscheinlich, warum am Gipfel eines Passes, wo man doch im Normalfall den maximalen Grad an körperlichen Verfall zu erwarten hat.

Keine Sorge, das Setting war dann doch etwas romantischer und vor allem besser riechend.

Wenn man nun im Ablaufplan einer gelungenen Eheschließung voranschreitet so taucht sobald das nächste Ungeheuer vor einem auf. Die Hochzeitsreise. Karibik oder doch Malediven steht da schon bald im Raum. Da aber meine Frau weiß, dass ein Urlaub auf einer im Laufschritt unter einer Stunde zu umrundenden Insel, mit mir schnell zu Qual wird, durfte ich etwas größer und vor allem höher denken.

Und so sind wir nun hier, bei unserer Hochzeitsreise im Herzen der französischen Alpen, auf unseren Rennrädern mit knapp zwei Kilogramm Gepäck pro Person und soviel vorweg, es war großartig.

Die Route – Unsere „Tour de France“

Col du Galibier, Col de l’Iseran, Col de la Madelaine oder wie sie auch alle heißen. Jeder dieser Pässe und noch viele weitere haben es verdient das sie Teil unserer persönlichen Tour de France werden. Doch wenn man das erste Mal die französischen Alpen anvisiert, so ist es gar nicht so einfach den Überblick zu behalten. Die Möglichkeiten sind endlos, vorausgesetzt man bringt die nötigen Fähigkeiten und Fertigkeiten mit.

Bei der Planung hab ich dann doch versucht, mir im Hinterkopf zu halten, dass es sich hier um unsere Hochzeitsreise handelt und nicht um eine Rennen mit dem Ziel möglichst viele Pässe in kurzer Zeit zu erledigen. Deswegen wurden es dann eine Planung von im Schnitt 100km und 2500hm pro Tag. Klingt jetzt nicht nach richtig viel, aber wie gesagt, man möchte vielleicht doch noch etwas von der Gegend und den diversen Boulangerien am Weg erleben und nicht nur seinen Lenker oder Vordermann/frau.

Start unserer Tour war ein Campingplatz auf der Westseite des Col du Lautaret, knapp 500hm unterhalb des Passes. Hier haben wir dann auch unseren Camper für die Dauer der Rundtour geparkt und uns nur mit jeweils einer Lenkertasche und meiner „Arschrakete“ auf den Weg gemacht. Zugegeben, was die „Abendbekleidung“ angeht haben wir dann schon eingespart, aber jeder Kilo weniger hilft dann doch.

Equipment Alex:
  • Radtrikot plus Bib Pant
  • Langes Radtrikot
  • Regenjacke
  • Dauneneste
  • Jogginghose dünn
  • Zahnbürste/ Pasta/ Duschgel
  • Kamera (Canon EOS M50 (23mm)
  • Buff

Von unserem Parkplatz ging es dann über den Lautaret in Richtung Galibier, weiter zum l’Iseran und so weiter. Doch näheres über die einzelnen Etappen folgt etwas später. PS: Wenn ihr euch fragt warum mit dem Camper, naja wenn schon in Frankreich, dann kann man ja gleich etwas länger bleiben.

Etappe 1 „Col du Lautaret – Bassans“

Wenn man schon am Fuße eines der prestigeträchtigsten Pässe startet, so muss man davon ausgehen das dieses Etappe dann auch eine der härteren wird und genau so war es dann auch.

Wie zu Beginn erwähnt, war mein Plan das wir uns immer um die ca. 100 Kilometern und 2500 Höhenmeter pro Tag bewegen sollten, was mit dem ersten Tag unserer Reise aber auch schon wieder verworfen werden musste. Aber dazu später mehr.

 

Col du Galibier

Vom Col du Lautaret geht es auf einer mehr oder weniger einspurigen Straße, mit für Juli relativ geringem Verkehrsaufkommen, in Richtung eines der großen Klassiker unserer Tour, dem Col du Galibier. Dieser ist mit 2642 Metern auch einer unserer höchsten Übergänge und markiert auch gleich den Übergang in die Rhone´Alpen, wo sich die meisten legendären Pässe befinden. Sehr angenehm ist auch die Tatsache das der Passübergang und folgend die letzten ca. 100hm für den Verkehr gesperrt sind und man somit auf dem Pass als Radler unter sich ist. Doch keine Sorge, alleine ist man hier bestimmt nicht :-).

Von hier geht es nun erstmal für einige Zeit bergab, um nach Valloire auch noch im Eiltempo den Col du Telegraph mitzunehmen. Dieser fällt mit seinen wenigen Höhenmetern, allerdings nicht mal auf. Weiter geht es nun hinab bis nach Saint-Martin, wo auch die erste Pizza unseres Trips auf uns wartet und diese kommt auch keine Minute zu früh. Des erste Hungerast nähert sich und nagt etwas an der Stimmung. Gestärkt geht es weiter,  und ohne das wir es wissen, jetzt geht die Tour erst richtig los.

Für die kommenden Stunden geht es nur noch bergauf. Knapp 1700hm mit einer minimalen Steigung warten nochmal auf uns und somit war die Zielsetzung von 2500 Höhenmeter auch hinfällig. Gott sei Dank hatten wir hier Rückenwind und die 4 Prozent waren somit recht gut erträglich.

Warum nicht einfach früher einen Stop einlegen fragt ihr euch? Naja ist ja im Juli auch nicht ganz so einfach mit den freien Hotelzimmern und somit mussten wir noch etwas an Überstunden leisten.

Landslevillard

Aber ganz ehrlich, für mich waren die Kilometer vor der ersten Übernachtung die schönsten der ganzen Runde. Vielleicht auch deswegen weil ich noch einigermaßen frisch war, aber das kann ich im nachhinein nicht mehr so genau sagen.

Auf jeden Fall ist das Tal in Richtung Col du l’Iseran einfach unglaublich. Von Schlössern über Berggipfeln und malerischen Flüssen, hier ist für jeden was dabei!

Kurz vor der letzten Steigung in Richtung Col du Madelaine (und nein das ist nicht der Richtige) kommt ihr an der „Boulangerie Patisserie Bernard“ in Landslevillard vorbei. Hier gilt es unbedingt einen Stop einzulegen. Diese Konditorei ist uns bis zum Ende unserer Tour nicht mehr aus dem Kopf gegangen.

Im nächsten Ort, am Fuße des Passes nach Val d’Isere, findet sich direkt an der Straße, das Biathlonleistungszentrum von Bessans. Hier verbringen wir die erste Nacht und sind auch voll zufrieden. Ja es ist eine einfache Unterkunft im Leistungszentrumstil, aber ausgelegt auf Leute wie wir und somit wird man auch nicht komisch beäugt wenn man sein frisch gewaschenes Trikot vor das Fenster zum trocknen hängt.

Unterkunft: La Bessannise

PS: Kleiner Tipp, ja hier trinkt man den Kaffee tatsächlich aus kleinen Müslischalen. Ist eigenartig, aber scheinbar örtliche Gepflogenheit

Etappe 2 Col du l’Iseran – Notre Dame de-Briancon

Col du l’Iseran

Zugegeben die Nacht war jetzt nicht unsere beste, aber dafür werden wir mit einem wunderschönen Ausblick auf das Dach unserer Rundfahrt belohnt. Der l’Iseran ist mit 2764 Metern der höchste befahrbare Pass der Alpen und somit ein absolutes Muss für eine Tour durch Frankreich. Nach einem Frühstück, welches auf Grund der Anwesenheit eines Senioren Gesangsverein einem Kabarett gleicht, werden die Räder wieder montiert und es geht in Richtung Bonneval-sur-Arc.

Hier beginnt der Anstieg und ganz ehrlich, der Ausblick auf die umliegenden Gletscher hat schon etwas mystisches. Die Straße welche das Tal mit dem gegenüberliegenden Val d’Isere verbindet, windet sich knapp 13 Kilometer mit durchschnittlich 7.5 % in schwindelerregende Höhen. Vor allem für Sabine werden die letzten Höhenmeter ob gleich der Höhenlage zu einer körperlicher Herausforderung.
Persönlich glaube ich eher das es meine Routenplanung des Vortages war die sie hier zu spüren beginnt.

Der Pass ist gut frequentiert und von nun an heißt es mal wieder Jacken an, es geht bergab. An sich bin ich wirklich froh das wir im Juli unterwegs sind, denn die Temperaturen sind einfach perfekt für das Projekt.

Val d’Isere

Jeden Snowboardbegeisterten ist dieser Ort ein Begriff. Hier wurden legendäre Rennen bestritten und ein Idol meiner Kindheit, Mathieu Bozzetto, stammt aus diesem Ort. Als wir hier eintrafen, fand allerdings ein Art Musikfestival statt. Die Kombination aus allen erdenklichen alpenländischen Folklore Musikstilen macht die Szenerie dann doch etwas Skurril. Egal, das klicken der Schaltungen passt doch perfekt zu den Schweizer Alphornbläsern.

Von hier aus geht es nun durch unzählige Galerien einen Stausee entlang und bei doch massiven Verkehrsaufkommen in Richtung Bourg-Saint-Maurice. Aber keine Sorge, auch wenn es vom Passgipfel bis in zuvor erwähnten Ort knapp 48km sind, so vergehen dieses bei konstantem Gefälle sehr flott.

Bourg-Saint-Maurice

Unser nächster Verkehrsknotenpunkt ist unter Radfahrern in erster Linie berühmt für seine Lage an diversen Pässen und Übergängen in Richtung Italien oder nach Albertville. Für viele andere ist es aber auch ein Mekka für Kayak und Wildwassersportler. Selten haben wir so viele Slalomstrecken oder Raftingboote gesehen wie entlang des örtlichen Radweges welches sich wunderschön neben dem Fluss talwärts windet.

Langsam merkt man auch die sinkende Höhenlage denn es wird echt brutal heiß. Unser Ziel für heute ist ein Kurhotel in der Nähe von Notre-Dame-de Briancon. Irgendwie wir werden das Gefühl nicht los, das uns auch dort wieder ein ähnlich „altes“ Publikum wie gestern erwartet. Doch noch sind wir ja nicht vor Ort.

Unterkunft: Hotel und Spa Radiana

Die letzten Kilometer haben es dann nochmal in sich, denn die Franzosen nehmen es genau mit Radwegen und so verläuft dieser für knapp 10 Kilometer tatsächlich auf einer Schnellstraße. Aber keine Sorge, sorgfältig getrennt durch eine weiße Linie :-).

Etappe 3 Col de la Madeleine – Saint-Sorlin-d’Arves

Der etwas gemütlichere zweite „Arbeitstag“ hat sich dann doch in einer deutlich erholsameren Nacht niedergeschlagen und wir starten sichtlich erholter in den kommenden Abschnitt unserer Tour du France.

Auch das Hotel hat zur Erholung maßgeblich beigetragen und das ausgiebige Frühstückbuffet kosten wir dann auch wirklich bis zum Maximum aus. Diesen ersten „Hungerast“ verdanken wir vielleicht auch dem etwas desaströsen Abendessen des Vortages. Für jeden der unsere Hotelempfehlung annimmt, bitte bucht euch gleich die Halbpension dazu und genießt einen ruhigen Abend im Kreise der örtlichen Kurgäste. Wir waren wieder mal so umtriebig und wollten unbedingt das kulinarische Angebot der Gegend erkunden was und dann beinahe zu ernährungstechnischen Verhängnis geworden wäre. Soviel dazu, wer in Frankreich keinen Tischreserviert, der bekommt auch wirklich keinen. Da halfen auch nicht Sabines hungrige Augen und wir mussten uns mit zwei Portionen Pommes begnügen.

Col de la Madleine

Nun aber genug gemeckert, ab auf´s Rad und rauf auf den Col de la Madeleine.

Lange haben wir heute nicht Zeit um uns aufzuwärmen, denn die Steigung in Richtung pass beginnt eigentlich schon direkt an unserem Hotel. Als Blick nach vorne und schon strampeln wir die knapp 1500hm in Richtung Gipfel. Mit maximalen Steigungen von 12% ist dieser Pass sicher kein Extrembeispiel für die örtliche Straßenführung, aber dafür macht er landschaftliches einiges her und ist auf der von uns befahrenen Seite auch enorm Verkehrsarm.

Am Passübergang angekommen erwartet uns dann neben einem malerischen Ausblick und einer perfekten Lokalität für den Gipfelkaffe auch das Ziel eines Nachwuchsradrennen. Spätestens hier erkennen wir dann mal wieder was auf einem Rad alles möglich ist und das Frankreich wirklich eine Rennradnation ist.

Saint-Jean-de-Maurienne

Von hier geht es dann wieder mal für einige Zeit bergab, bis wir die Gerade nach Saint-Jean-de-Maurienne in Angriff nehmen. Diese12 Kilometer sind das längste „Flachstück“ seit unserem Start und dementsprechend ungewohnt. Also rein in den Windschatten und weiter geht´s.

Nach eine kurzen Stärkung in oben erwähntem Ort nehmen wir den letzten Anstieg des Tages in Angriff. Nur kurz zur Erwähnung, Knoblauch Dip ist kein idealer Begleiter für eine Radtour und das werde ich von nun an für die kommenden Stunden auch bereuen.

Vor uns liegt der weltbekannte Anstieg in Richtung Col de la Crux de Fer und prompt verfehlen wir diesen auch. Wir kämpfen uns über die „alte“ Variante in Richtung Col und treffen wirklich auf den kommenden Stunden weder Auto noch Radfahrer. Des eine Freud, denn Sabine holt dich hier einen QOM, der anderen Leid, denn ich leider immer noch unter akutem Knoblauch Atem.

Bis nach Saint-Jean-d’Arves, unserem heutigen Etappenziel, sind es wieder an die 1000 Höhenmeter und diese sind auf Grund der Temperaturen auch wirklich schweißtreibend. Aber der für mich schönste Pass unserer Tour entschädigt für diese Anstrengungen.

Unterkunft: Les Ce´dres

Unser Nachtquartier beziehen wir knapp unterhalb des Passes in einem wirklich empfehlenswerten Hotel. Vor allem das tunesische Abendessen (dieses Mal keine Experimente), vom Chef persönlich ist wirklich Weltklasse. Einen Aperol später liegen wir auch schon wieder im Bett und lassen den Abend eher früh ausklingen, den morgen wartet das Grande Finale.

 

 

Etappe 4 Col de la Crux de Fer – L’Alpe d’Huez – Col du Lautaret

Das Grande Finale wartet und somit sind wir etwas früher als sonst auf unseren Rädern.

Der Aufstieg auf den Col de la Croix de Fer ist flott hinter uns gebracht und danke der Begleitung zweier Mädels auf ihren E-Bikes auch recht unterhaltsam. Von nun an geht es mal wieder bergab bis nach Allemond. Der klassische Aufstieg auf den eben gefahrenen Pass startet eigentlich hier, aber man kann ja nicht alles haben und ganz ehrlich, ich finde die andere Seite auch etwas schöner.

Nun geht es wieder mal flach in Richtung dem Klassiker der Tour.

L’Alpe d’Huez

Diese legendären 1000 Höhenmeter waren bestimmt die härtesten der ganzen Runde für mich. Alleine die Expositur mich durchgehender Sonneneinstrahlung und die permanente Beschilderung der folgen Leidenskilometer machten mir schwer zu schaffen. Während Sabine mehr mit dem permanenten Klicken einer Schaltung, welche einer unserer Mitstreiter wohl länger nicht mehr servicierte, zu kämpfen hatte war ich an diesem Tag wirklich körperlich nicht auf der Höhe und war froh als sie bei der Hälfte ein Pause vorschlug.

Doch für eine Pause war nur bedingt Zeit, wartete doch nach einem verdienten Kaffee, sogleich der Col de Sarenne auf uns. Während l’Alpe d’Huez ein mehr als belebter Ort ist und die Auffahrt eher einem Schaulaufen der Radhersteller gleicht als einer Straße, ist man am Sarenne ziemlcih einsam unterwegs. Ja der Asphalt hat nicht die Qualität des legendären Anstieges, aber landschaftlich kann er mehr als mithalten.

Knapp 300 Höhenmeter waren es bis zum letzten Pass unserer Tour du France und nach einer fordernden Abfahrt geht es ab Mizoen in leichter Steigung bis zu unserem Ausgangspunkt. Zugegeben der letzten Teil ist auf Grund starker Verkehrsbelastung kein Erlebnis, aber davon hatten wir die tage ja auch mehr als genug.

Rennradurlaub als Hochzeitsreise. 

Also so ganz stimmt das ja jetzt auch wieder nicht. Viele dachten ja als wir davon erzählten, dass wir nun unseren gesamten Honeymoon im Sattel verbringen. Abgesehen von diesen 4 Tagen war es nur noch der Mont Ventoux welchen wir in unsere Reise einbauten. Der Rest war dann eher gemütlicher und eben ein klassischer Camping-Abenteururlaub a la Sabine und Alex.

Doch auch wenn es für einige befremdlich anmuten möchte, die Anstrengungen der Tour bleiben einem eher im Gedächtnis als die schönen Unterkünfte und Aperitifs im Restaurant. Hotelbetten kann man in seinem Leben jederzeit genießen, doch Erlebnisse schaffen kann man nur zu der Zeit in welcher man dazu in der Lage ist.

Ich weiß nicht ob ich mit 70 noch über die Alpen radeln kann, doch wenn wir dann unseren 30 Hochzeitstag in einem netten Hotel in den französischen Alpen feiern und durch das Fotobuch unserer Hochzeitsreise blättern werden wir bestimmt die lebhafteren Erinnerungen haben als wären es nur Abendessen welche die Highlights unserer Reise darstellten.

0

post a comment